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Interner Workshop

Strategien für eine wirksame Pandemieprävention

Die Laune war wie das Niveau der Wissenschaft: Hervorragend. Andreas Radbruch (links) vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin im Gespräch mit Jörg Overmann vom Leibniz-Institut DSMZ in Braunschweig.

© Leibniz Lab Pandemic Preparedness

Es begann am Vorabend: Prof. Jürgen Richt, Kansas State University, Pionier der Veterinärmedizin, insbesondere im Bereich „One Health“ und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Leibniz Labs, hielt eine Keynote-Lecture zum Thema „Bird Flu in Cattle – Susceptibility of Livestock to Bovine H5N1 Infections“.

Über eine knappe Stunde erläuterte er die potenziellen Risiken und Mechanismen der H5N1-Übertragung auf Nutztiere, gerade im Hinblick auf daraus resultierende Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit – und sprach danach noch über das aktuelle Klima für Wissenschaft in den USA. Denn was während seines Vortrags und auch am darauffolgenden Workshop immer klar war, ohne dass es jemand explizit erwähnen musste, weil es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: Wissenschaft findet nicht in einem isolierten Raum statt. Sie lebt aber nicht nur vom Austausch untereinander, sondern auch vom Austausch mit der Gesellschaft. Das eine bedingt das andere, beeinflusst sich gegenseitig und interagiert fortwährend, auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht nicht immer so scheint.

Wissenschaft lebt vom Austausch 

Corona etwa konnte nur so destruktiv sein, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, weil sich verschiedene Ideen, Erzählungen und Organisationen gegenseitig im Weg waren. Die Vorbereitung auf die nächste Pandemie muss daher Zuständigkeiten vereinen, damit der objektiven Wirklichkeit keine Subjektivität im Weg steht. Um Pandemien umfassend zu verstehen, müssen mathematische, biologische, historische und soziale Phänomene einbezogen werden. Die Organisation von Wissenschaft aber verhindert oft einen ganzheitlichen Ansatz, die politische Komponente ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Der persönliche Austausch ist wichtig: Markus Huff vom Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen im Gespräch mit Angelina Böhnisch, ebenfalls aus Tübingen, die im Leibniz Lab Arbeitspaket 7 bearbeitet.

Das verhindert nicht nur eine starke Prävention oder Reaktion, sondern kann in der Folge nur zu Frustration in der Bevölkerung führen. Schließlich kann man so zwar einerseits die Evolution von Viren erforschen, Lehrpläne erstellen, Ideen zirkulieren lassen, aber andererseits komplett ignorieren, was daraus politisch entsteht.

Ein Austausch, wie er im Leibniz Lab Pandemic Preparedness gegeben ist, -kollegiale Gespräche, Augenhöhe, das Zirkulieren von Gedanken, zudem die Auffrischung von Kontakten-, steht daher für eine neue Art von Wissenschaft.

Die vier Schwerpunkte

Unter diesem Gesichtspunkt wurden die laufenden Arbeiten aus ausgewählten Bereichen der vier Forschungsschwerpunkte vorgestellt. Im Schwerpunkt Umwelt-Tier-Mensch-Interphase widmet sich Arbeitspaket 1 dabei der Früherkennung neuer Erreger. Die bestehende Monitoring-Maßnahmen und Plattformen im Bereich der Biodiversität werden dabei analysiert, um deren Potenzial für eine effizientere Nutzung zu bewerten. Arbeitspaket 2 untersucht die Risiken der Nutztierhaltung und analysiert gezielte Maßnahmen – insbesondere im Stalldesign –, um das Infektionsrisiko zu minimieren und gleichzeitig das Tierwohl zu verbessern.

Auch die Forscher und Forscherinnen des Schwerpunkts Krankheitslast zeigen im Workshop spannende Aspekte, darunter die Bewertung der bestehenden Immunität in der Bevölkerung hinsichtlich des als potenziell pandemierelevant eingestuften Erregers H5N1 im Arbeitspaket 3. H5N1 kann sich besonders gut in Fettzellen replizieren: Neue Forschungsergebnisse aus Arbeitspaket 4 legen nahe, dass dann möglicherweise Medikamente zum Einsatz kommen können. Ein weiteres Thema ist die mentale Gesundheit, die im Arbeitspaket 6 behandelt wird. Hier werden Schutz- und Risikofaktoren für psychische Resilienz während Epidemien und Pandemien identifiziert, wobei besonders vulnerable Gruppen wie Kinder, Jugendliche sowie Menschen mit niedrigerem Bildungs- oder Einkommensniveau im Fokus stehen. Und schließlich wird die Wissenschaftskommunikation thematisiert. Arbeitspaket 7 analysiert dabei bewährte Maßnahmen, um eine Forschungsinfrastruktur für evidenzbasierte Kommunikationsstrategien innerhalb des Leibniz Labs aufzubauen.

Das Programm war spannend und vielfältig.

Schon nach der Hälfte des Tages ist klar, dass die Erkenntnisse, die gewonnen werden, als Grundlage für eine nachhaltige und evidenzbasierte Pandemieprävention dienen. Und so geht es nach einer Pause mit dem Schwerpunkt Pandemiemanagement weiter. Dort werden in Arbeitspaket 8 die sozioökonomischen und gesundheitlichen Einflussfaktoren auf die Infektionswahrscheinlichkeit bei COVID-19 beleuchtet - einschließlich Vorerkrankungen, Lebensstilfaktoren sowie regionaler Unterschiede zwischen urbanen und ländlichen Strukturen.

Inhaltlich interessiert das Thema vermutlich niemanden mehr außerhalb der wissenschaftlichen Blase, aber Wissen über die letzte Pandemie hilft, der nächsten Pandemie besser zu begegnen. Arbeitspaket 10 schließlich beschäftigt sich mit den möglichen Inhalten eines globalen Pandemievertrags sowie den notwendigen politischen Prozessen für dessen Ausarbeitung, wobei erste Ergebnisse vorgestellt werden.

Auch Klaus Lieb vom Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz präsentierte erste Ergebnisse.

Der vierte Forschungsschwerpunkt Pandemieresilientes Bildungssystem legt den Fokus auf die Verbesserung des Bildungssystems. Arbeitspaket 12 entwickelt Maßnahmen zur Förderung der psychischen Resilienz von Schülerinnen und Lehrkräften, um Bildungseinrichtungen besser auf zukünftige Gesundheitskrisen vorzubereiten. Der Tag endet mit einem Vortrag von Prof. Achim Wambach vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Er verdeutlicht, wie wissenschaftliche Erkenntnisse effektiv in politische Entscheidungsprozesse integriert werden können und welche Herausforderungen bei der Umsetzung evidenzbasierter Politik bestehen.

Simone Harder
Simone Harder
Simone Harder ist Biologin und die wissenschaftliche Projektkoordinatorin des Leibniz Labs.
Veröffentlicht
17. Mai 2025
Kategorie
Events

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